Veräußerung eines Einfamilienhauses nach Scheidung - Steuerliche Fallstricke
Die Scheidung bringt nicht nur persönliche und rechtliche Veränderungen mit sich, sondern oft auch Fragen zur Zukunft der gemeinsamen Immobilie. Besonders problematisch wird es, wenn ein Ehegatte seinen Miteigentumsanteil am Einfamilienhaus an den anderen Ehepartner verkauft. Hier stellt sich die Frage: Ist der erzielte Gewinn steuerfrei oder steuerpflichtig?
Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. Februar 2023 (Az. IX R 11/21) betrifft geschiedene Ehepartner, die ihren Anteil an einem gemeinsam genutzten Einfamilienhaus übertragen. Grundsätzlich gilt: Wer eine Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb verkauft, muss den Gewinn als privates Veräußerungsgeschäft versteuern (§ 23 EStG). Eine Ausnahme besteht jedoch, wenn die Immobilie ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde – entweder durchgehend oder zumindest im Verkaufsjahr und den beiden vorangegangenen Jahren.
Was zählt als „eigene Wohnzwecke“?
Im entschiedenen Fall war der Ehemann bereits zwei Jahre vor dem Verkauf aus dem Haus ausgezogen. Zwar lebten dort weiterhin seine geschiedene Ehefrau und das gemeinsame minderjährige Kind – doch das reichte dem BFH nicht aus. Die Nutzung durch das Kind wurde nicht als Eigennutzung des Vaters gewertet. Entscheidend war, dass der Veräußerer selbst das Haus nicht mehr bewohnte und somit keine steuerfreie Eigennutzung vorlag. Auch die Berufung auf eine familiäre oder emotionale Zwangslage blieb erfolglos.
Nutzung durch Kinder – steuerfreie Veräußerung möglich
In einem anderen Fall, BFH, Urt. v. 26.01.1994 – X R 94/91, hat der BFH entschieden, dass eine Eigennutzung auch dann vorliegt, wenn die Immobilie von einem einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kind bewohnt wird. Die Wohnnutzung minderjähriger oder kindergeldberechtigter Kinder wird steuerlich den „eigenen Wohnzwecken“ der Eltern zugerechnet. In diesem Fall wäre ein Verkauf steuerfrei.
Praxis-Tipp: Kinder allein reichen nicht aus
Keine Ausnahme bei Zwangslage
Auch wenn der Verkauf „auf Druck“ erfolgt – etwa um eine drohende Zwangsversteigerung zu verhindern – liegt weiterhin ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft vor. Der BFH erkennt darin keine unfreiwillige Veräußerung, sondern eine steuerlich relevante Verfügung.
Fazit für die Praxis
Bei Immobilienübertragungen im Zuge einer Scheidung ist besondere Vorsicht geboten. Die 10-Jahres-Frist für steuerpflichtige Veräußerungen bleibt bestehen – und die Nutzung durch Kinder schützt nicht automatisch vor der Steuerpflicht. Gleiches gilt für eine Zwagslage. Eine strategisch geplante Lösung, die auch die Wohnsituation der Kinder berücksichtigt, kann helfen, unnötige steuerliche Belastungen zu vermeiden.
Wer sich in einer Scheidungssituation befindet, sollte daher rechtzeitig klären, ob und wann der Verkauf einer Immobilie sinnvoll ist – um unnötige Steuerzahlungen zu vermeiden.
Dieser Artikel dient ausschließlich Informationszwecken und stellt keine individuelle Rechtsberatung dar. Für eine auf Ihren speziellen Fall zugeschnittene Beratung stehe ich Ihnen gern persönlich zur Verfügung.